Musiktherapie

Musik begleitet uns in allen Phasen unseres Lebens. Schon früh im Bauch hört ein Säugling die Stimme und den Herzschlag der Mutter (erste Rhythmuserfahrung). Die Mutterstimme sowie die Stimme weiterer Bezugspersonen spielen entwicklungspsychologisch eine große Rolle, da das Baby in den ersten Wochen nach der Geburt nur schwammige Konturen mit den Augen erkennen kann. Das Baby entnimmt in der weiteren Entwicklung den Stimmen den emotionalen Gehalt.

Bevor ein Mensch spricht, singt er. Der emotionale Gehalt, die Absicht, die Stimmung brauchen neben den paralinguistischen Informationen ein Medium, einen Träger von innen nach außen. Die Stimme ist unser ureigenes Instrument, das Melodie und den Rhythmus als treue Begleiter hat. Die Stimme und die Sprache entwickeln sich untrennbar mit der Melodie und dem Rhythmus = Prosodie. Über die Wiegenlieder, Kinderlieder, Kinderreime entwickeln sich die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder weiter. Die Verbindung Melodie, Rhythmus und Emotionen ist somit vom Anfang an da.

Kann Musik heilende Wirkung haben?

Zahlreiche Studien aus dem Bereich Musikpsychologie und Musiktherapie konnten diese These belegen so dass es unumstritten ist, dass Musik eine positive Wirkung auf das Seelenleben des Menschen hat.

Während wir singen oder ein Instrument spielen, schüttet unser Körper ein Cocktail an Glückshormonen aus. Die Musik wirkt sich positiv auf die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten aus. Insbesondere aber auf unsere Stimmung.

Ein ganz wichtiger Unterschied zwischen der Selbstheilung durch die Musik und der Musiktherapie ist, dass die Musiktherapie ein gezieltes psychotherapeutisches Verfahren ist. Dieses Verfahren wird von ausgebildeten Musiktherapeut*innen, unter der Berücksichtigung aller „Gefahren“ die Musik auslösen kann, durchgeführt.


An wen wendet sich dieses Verfahren?

Die Musiktherapie eignet sich für jede Phase im Menschenleben somit für jeden Menschen und in jedem Alter. Musiktherapie kann als Selbsterfahrung in persönlichen Krisen genauso wie bei schwerwiegenden psychischen Problemen angewendet werden. Sie kann zur Prävention von Erschöpfungszuständen in der heutigen leistungsorientierten Gesellschaft sinnvoll sein.

„Musiktherapie ist der gezielte Einsatz von Musik, um therapeutische Ziele bei Kindern und Erwachsenen zu erreichen, die bestimmte soziale, emotionale, körperliche oder intellektuelle Probleme haben.“(Bruscias,1989).

Nach Oberegelsbacher wendet sich die Musiktherapie an „Menschen mit Leidenszuständen, Verhaltensstörungen und Entwicklungsrückständen, um an der Wiederherstellung, Erhaltung oder Verbesserung von seelischer, geistiger und körperlicher Gesundheit mitzuwirken.“ (Oberegelsbacher, 2004).


Vorgehensweise

Man unterscheidet rezeptive und aktive Musiktherapievorgehensweise. Bei rezeptiven Vorgehensweisen wird für Klient*innen die Musik vorgespielt (Instrumente oder Tonträger). Anschließend wird über das Erlebte gesprochen oder Klient*innen verbalisieren ihr Erlebtes direkt während des Hörens.

Bei aktiven Vorgehensweisen wird im Allgemeinen improvisiert. Im offenen Setting bietet man Patient*innen einen Spielraum an.  Dies passiert mit instrumentalem, stimmlichem und körperlichem Ausdruck ohne den Anspruch auf musikalisch-technische Fertigkeiten.

„Längst bevor ein Patient ein Instrument spielt, spielt es in ihm. Und es spielt gleich mehrere Rollen. Die Entscheidung, nach einem ersten Umschauen im Musiktherapieraum ein erstes Umhören folgen zu lassen – meist ausgelöst durch die Einladung des Musiktherapeuten zu explorieren, auszuprobieren, was einen vielleicht neugierig macht. Dieses Umhören in die Entscheidung für ein Instrument münden zu lassen oder gar keines zu nehmen, ist gänzlich un-zufällig“ (Decker – Voigt, 2012)

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